Instrumentalistin

„Eine tiefe Rührung bemeisterte sich meiner die nur der sich produzierende Künstler fühlen kann.“

Dieses Zitat Caroline Schleicher-Krähmers ist von besonderem Interesse, da es die bislang einzige Äusserung ist, die deren Selbstverständnis als Künstlerin widerspiegelt. Caroline Schleicher-Krähmer fühlte sich als „produzierende Künstlerin“ und wählte dafür ausgerechnet zwei Instrumente, die zu jener Zeit für Frauen als unschicklich galten: Die Klarinette und die Geige.

Auf der Geige hatten es bereits mehrere Damen vor ihr gewagt in der Öffentlichkeit aufzutreten obwohl mit den Formen des Instruments ein weiblicher Körper assoziiert wurde. Mit der Klarinette hingegen scheint sie bislang die erste und für lange Zeit auch die einzige gewesen zu sein, die nicht nur öffentlich auftrat, sondern Konzertreisen durch Europa bis nach Russland unternahm. Sie darf also mit Fug und Recht als die erste namentlich bekannte Soloklarinettistin gelten.

Neben diesen beiden Instrumenten beherrschte sie auch die Gitarre und das Klavier. Ein Auftritt mit der Gitarre konnte bislang nicht belegt werden, auf dem Klavier begleitete sie jedoch ihren Neffen und später ihre Söhne auch öffentlich.

Die Instrumente

Klarinette

Vermutlich um 1805, also mit neun Jahren, erhielt Caroline ersten Unterricht auf der Klarinette. Erster Lehrer war ihr Vater Franz Joseph, der selbst professioneller Musiker war. Doch auch Carolines Mutter und ihre sechs Jahre ältere Schwester Cordula spielten Klarinette und dürften Caroline unterrichtet haben. Caroline wuchs also sozusagen mit dem Klang und der Spielweise der Klarinette auf.

In den folgenden Jahren reiste Caroline mit ihrer Familie nach Ellwangen und Stuttgart wo der Vater jeweils eine Festanstellung inne hatte. Als er die Zeit für reif hielt, um mit seinen beiden Töchtern Cordula und Caroline als Trio auf Reisen zu gehen, kündigte er seine Stellung als Kammermusiker am Stuttgarter Hof. Ursprünglich hatte die Familie nach Italien reisen wollen, was jedoch aufgrund des damals eben ausgebrochenen Koalitionskriegs gegen Napoleon unmöglich wurde. Die Familie reiste daraufhin in die Schweiz.

Dort erhielt Caroline weiterhin Unterricht bei den Eltern und der Schwester und ist schliesslich gar ab 1808 als Musikerin der Zürcher Musiksaalgesellschaft nachweisbar. Während der Sommermonate reiste die Familie jeweils in die Kurbäder der deutschsprachigen Schweiz (St. Moritz und Pfäfers).

Carolines weitere Ausbildung auf der Klarinette dürfte also im Unterricht bei ihrem Vater sowie zunehmender Praxis, „Learning by doing“, bestanden haben. Erstaunlicherweise erhielt sie aber offenbar keinen weiteren Klarinettenunterricht.

Leider konnte ich bislang keinen Hinweis darauf finden auf welchem Instrument Caroline Schleicher-Krähmer gespielt hatte. In späteren Jahren ist eine Freundschaft zu dem Wiener Holzblasinstrumentenbauer Johann Ziegler (1795 – 1858) nachweisbar, sodass es denkbar wäre, dass Caroline eines seiner Instrumente spielte.

Carolines Instrument war vermutlich aus Buchsbaum gefertigt und verfügte wohl zunächst über ca. acht bis zehn Klappen. Das Instrument unterlag zu jener Zeit jedoch gewaltigen Veränderungen, sodass eine genaue Rekonstruktion von Carolines Instrument nicht möglich ist.

Auch gab es zu jener Zeit Klarinettisten, die das Blatt auf die Oberseite kehrten, das Blatt also nicht wie heute üblich auf der Unter- sondern auf der Oberlippe lag. Im Fall Caroline Schleichers wurde jedoch immer wieder auf deren zarten Klang hingewiesen, der aus dem Nichts kam und vor allem im Nichts verklingen konnte. Das scheint darauf hinzudeuten, dass sie das Blatt auf die Unterseite band, da der Ansatz auf diese Weise mehr Stabilität erhält.

Denkbar wäre auch, dass Caroline etwas stärkere Blätter verwendete als zu jener Zeit in Deutschland üblich. Das hätte zur Folge gehabt, dass der Klang weicher und voller und das Spiel im Pianissimo besser kontrollierbar war. Sie hätte sich auf diese Weise dem Wiener Klang angenähert, was möglicherweise einen Teil ihres Erfolges in Wien erklären könnte.

Weit besser dokumentiert ist Carolines Arbeitsweise. So lässt sich beispielsweise rekonstruieren, dass sie in folgenden Bereichen mit der Klarinette tätig war:

  • als Solistin
  • als Orchestermusikerin
  • als Kammermusikerin

Bedenkt man, dass es zu jener Zeit als unanständig für Frauen galt, ein Blasinstrument zu spielen, erstaunt es doch, dass sowohl Cordula Schleicher als auch Caroline eine Anstellung bei den Zürcher Musikgesellschaften inne hatten. Eine Orchesteranstellung Carolines in Karlsruhe ist nicht nachweisbar, auch wenn dies in einem Artikel über sie so dargestellt wird.

Derzeit existiert nur eine unvollständige Liste von Caroline Schleicher-Krähmers Repertoire. Eine Aktualisierung ist in Arbeit – Bitte haben Sie noch ein klein wenig Geduld.

Geige

Die Geige dürfte wohl das erste Instrument gewesen sein, welches Caroline erlernte. Als sie mit ca. fünf Jahren (um 1800) aus der Pflegefamilie zu ihrer Familie zurückkehrte, war der Vater in Ellwangen als Regimentskapellmeister stationiert. Dort erhielt sie ersten Geigenunterricht bei ihrer Mutter, die selbst Geige und Klarinette spielte. Auch Carolines ältere Schwester Cordula beherrschte das Violinspiel und trat in späteren Jahren öffentlich damit auf.

Um 1804 hielt sich die Familie Schleicher in Stuttgart auf, wo Franz Joseph Schleicher als Hof- und Kammermusiker eine Anstellung inne hatte. Caroline erhielt zu jener Zeit Geigenunterricht bei einem Kollegen Franz Joseph Schleichers, einem Herrn Baumiller.

Später, um 1807 erhielt sie „30 Lectionen“ Geigenunterricht bei Karl Friedrich Ochernal (1782 – 1837). Dieser war wie Franz Joseph, Cordula und Caroline in der Musiksaalgesellschaft angestellt, später Konzertmeister und 1814 gar Musikdirektor der Allgemeinen Musikgesellschaft (AMG).

Auch Carl Zanaboni wird als Geigenlehrer genannt. Bei ihm erhielt sie ebenfalls 30 Lektionen. Zanaboni stammte offenbar aus Mailand und hatte 1812 um Niederlassung in Aarau angesucht, welche ihm bewilligt worden war.

Obgleich oder vielleicht gerade weil die Klarinette als Carolines Hauptinstrument angesehen werden muss, bildete sie sich gezielt auf der Geige weiter. So ist beispielsweise nachweisbar, dass Caroline nach dem Tod des Vaters alleine nach Karlsruhe zog wo sie Unterricht bei Friedrich Ernst Fesca (1789 – 1826) nahm. Dieser war Konzertmeister des Karlsruher Hoforchesters und besonders als Komponist von Streichquartett von seinen Zeitgenossen (beispielsweise Louis Spohr und Carl Maria von Weber) angesehen.

Wie auch bei der Klarinette lassen sich bei der Geige keine Rückschlüsse auf Carolines Instrument machen. Eher vielleicht auf ihre Spielweise: Als Vorbilder nennt sie in der Autobiographie Pierre Rode (1774 – 1830), dem Beethoven seine letzte Violinsonate widmete, sowie Louis Spohr (1784 – 1859).

Auch auf der Geige war Caroline in folgenden Bereichen tätig:

  • als Solistin
  • als Orchestermusikerin
  • als Kammermusikerin

Derzeit existiert nur eine unvollständige Liste von Caroline Schleicher-Krähmers Repertoire. Eine Aktualisierung ist in Arbeit – Bitte haben Sie noch ein klein wenig Geduld.

Klavier

Ersten Klavierunterricht erhielt Caroline ebenfalls um 1800 in Ellwangen vom dortigen Chordirektor Melchior Dreyer (1747 – 1824). Er war eine prägende Figur des Ellwanger Musiklebens und besonders als Komponist kirchlicher Werke bekannt.

Von weiterem Unterricht auf dem Klavier ist bislang nichts bekannt.

in Arbeit.

Bezüglich Carolines Tätigkeit als Pianistin ist bekannt, dass sie kammermusikalisch auftrat und später in Wien ihre beiden Söhne Carl und Ernst am Klavier begleitete. Ein solistischer Auftritt mit dem Klavier ist bisher nicht nachweisbar.

Derzeit existiert nur eine unvollständige Liste von Caroline Schleicher-Krähmers Repertoire. Eine Aktualisierung ist in Arbeit – Bitte haben Sie noch ein klein wenig Geduld.

Gitarre

Leider ist nicht nachweisbar wann Caroline ersten Unterricht auf der Gitarre erhielt. Sie selbst erwähnt die Gitarre nicht als eines ihrer Instrumente. Jedoch fanden sich Zeitungsinserate, in denen sie um Schüler warb und auch die Gitarre als Instrument angab. Vermutlich wurde die Gitarre als handlicher Ersatz zum Klavier gesehen: Sie war gut auf Reisen mitzuführen und ermöglichte mehrstimmiges Begleiten. Bedenkt man, dass die Familie Schleicher vermutlich viel zuhause sang, war das Gitarrenspiel als Begleitung geeignet.

Von weiterem Unterricht auf der Gitarre ist bislang nichts bekannt.

Vermutlich beherrschte sie dieses Instrument zwar, verfolgte jedoch nie professionelle Absichten.

Eine Aussage über das von Caroline verwendete Instrument ist leider nicht möglich. Da dieses jedoch in der Regel dem „Hausgebrauch“ diente, dürfte es sich um ein eher kostengünstiges, schlichtes Instrument gehandelt haben.

Auf der Gitarre ist bislang kein Auftritt Carolines nachweisbar. Es sind jedoch einige Kompositionen ihres Ehemannes Ernst Krähmer erhalten, die Gitarre als Begleitinstrument einsetzen. Vermutlich musizierte das Ehepaar Krähmer also gemeinsam auf dem Czakan, auf den sich Carolines Ehemann spezialisiert hatte und auf der Gitarre.

Zudem dürfte Caroline ihre Schüler auf der Gitarre unterrichtet und begleitet haben.

Da es keine öffentlichen Auftritte Carolines mit der Gitarre gab, liegen auch keine Programmzettel oder Kritiken vor, die eine Rekonstruktion des Repertoires ermöglichen würden.

Fazit

Wie im 19. Jahrhundert üblich, beherrschte auch Caroline Schleicher Krähmer mehr als nur ein Instrument. Ihre Sonderstellung nimmt die Musikerin auf der Klarinette ein, die sie entgegen aller gesellschaftlichen Konventionen öffentlich aufführte. Sie wuchs in einer Musikerfamilie heran und wurde mit Musik gross. Ohne diese Grundvoraussetzung wäre ein Weg als professionelle Musikerin undenkbar gewesen, gab es doch (von einigen vereinzelten Ausnahmen abgesehen) keine institutionalisierte Ausbildung, die Frauen offengestanden hätte.

Ebenfalls üblich zu jener Zeit war, dass Instrumentalisten mit eigenen Kompositionen auftraten. Dies traf auch auf Caroline Schleicher-Krähmer zu: Sie hatte Kompositionsunterricht bei Franz Danzi genommen und war nachweislich mit eigenen Kompositionen und Kadenzen für die Klarinette auf ihre erste Konzertreise nach Wien gegangen.